Kopenhagen
 
 

Donnerstag: Unsere kleine Gruppe startet frühmorgens in Bremen. Treffen am Hauptbahnhof. Wir sind alle ein bisschen aufgeregt, als wir den Zug besteigen. Gerd, unser „Bärenführer“ schlägt vor, gleich samt Gepäck bis Hamburg in den Speisewagen zu steigen. Gute Idee, alles frei dort. Erst einmal einen Kaffee – mit Maske auf ... sagt die Zugbegleiterin! Stück runterziehen, Schluck nehmen und wieder hoch . Wir sind die einzigen Gäste.



 
In Hamburg bleibt nicht lange Zeit zum Umsteigen. Nur der IC hat falsche Wagennummern. Was nun? Rein und drinnen weitersuchen, fährt ja gleich ab. Ist das ein Gedränge, wenn sich die Ströme der Platzsuchenden samt Gepäck in der Waggonmitte treffen. Uhhhi. Irgendwann hat dann doch jede/r einen Platz, wir sogar wie gebucht einen Vierer mit Tisch.
Nachmittags kommen wir mit leichter Verspätung in Kopenhagen an. Sonnenschein und blauer Himmel.

Das Bahnhofsgebäude entstand im Stil der nordischen Nationalromantik nach einem Entwurf des dänischen Architekten Heinrich Wenck (1851 – 1936) und wurde am 1. Dezember 1911 in Betrieb genommen. Die schöne Architektur werden wir uns später noch anschauen, dafür haben wir gerade keine Zeit.

 
Im Schweinsgalopp 15 Minuten zu Fuß zum Hotel und einchecken. Wir sind mit unseren Zimmern im „Motel One“ mitten in der Altstadt sehr zufrieden, schönes Ambiente und ich gehe erst einmal in den Garten, eine rauchen, während die anderen mit den Füßen scharren.


Zum Rathaus – unserem ersten Ziel – ist es nicht weit. Ich bin erstaunt, dass man da einfach so reingehen kann, durch alle Flure, über alle Treppen. Was für eine Eingangshalle! Wunderschön.


Rathausbibliothek

 

Das Rathaus wurde 1905 fertig gestellt und dient heute als Sitz des Bürgermeisters von Kopenhagen. An der Frontseite des Rathauses befindet sich eine große, vergoldete Statue, die den Bischof Absalon darstellen soll. Eine weitere Besonderheit des Rathauses ist der Glockenturm mit seiner berühmten Weltuhr, die 1955 in Betrieb ging. Sie wurde von dem Uhrmacher Jens Olsen geplant, und er arbeitete auch jahrelang an dem Bau der Uhr, konnte aber die Fertigstellung nicht mehr miterleben. Heute kann man an der Uhr, die aus mehr als 15.000 Einzelteilen besteht, die Uhrzeit überall auf der Welt ablesen.



Das Rathaus ist im Nationalromantischen Stil gebaut, mit ein wenig Inspiration vom Rathaus von Siena, Italien. Trotz des dunklen Holzes wirkt alles transparent durch das Glasdach über dem Innenhof des Gebäudes. Auf der Galerie waren viele Büsten dänischer Berühmtheiten zu besichtigen; die eine oder andere auch aus unseren Büchern, die wir für den Literaturkreis über Dänemark gelesen haben. Leider müssen wir nach einer Stunde wegen der Schließzeit wieder gehen.

 
Witzig die alten Waschbecken. Die werden heute noch von den Reinigungskräften genutzt.

Wir haben die die Altstadt durchstreift und gelernt, dass man auf Fahrräder mehr aufpassen muss, als auf Autos. Die Radwege sind etwa doppelt so breit wie hier und es wird schnell gefahren! Am Zebrastreifen anzuhalten ist auch für Autos offensichtlich eine Kannregelung. Wenn du gehst, wird angehalten, wenn du stehst, nicht. Fußgängerampeln finden etwas mehr Beachtung.

Wir schauen mal eben bei Christian Andersen vorbei, von dem wir gemeinsam auch gerade das Märchenbuch gelesen haben. Lange Diskussionen dazu damals... Die Begeisterung hielt sich in Grenzen.

Das Stadtbild ist bunt, Sprachengewirr aus dänisch und viel englisch (wie auch im Hotel). Es ist voll und laut und fröhlich bei dem Superwetter. Wir sehen in der Ströget  viele Pölser- und Hotdogbuden. Die Schaufenster in der breiten Fußgängerzone, an denen wir manchmal stehen bleiben, ungewohnt. Viel dänisches Design, sehr bunte Süßigkeiten und Kuchen, Souvenirs gehen als „Kunst“ durch, jedenfalls sprachlich.



Wir schauen den größten Mann der Welt als Wachsfigur an:

 
Schon als Sechsjähriger sah er aus wie ein Erwachsener: Vor 95 Jahren wurde Robert Wadlow geboren und mit 2,72 Meter zum größten Menschen der Welt. Der Amerikaner wurde auf der Straße beschimpft, erkrankte schon als Teenager schwer - und nahm sein einzigartiges Schicksal trotzdem mit viel Humor. Er wurde nur 22 Jahre alt ….
 
Gerd zeigt uns viele historische Gebäude und Kirchen, erklärt die frühere und heutige Nutzung. Er kennt sich aus, jede Gasse, jede Abkürzung. Wir werden uns vier Tage nicht verlaufen.
Wir beschließen, im „Italiano“ essen zu gehen. Auch ohne Anmeldung bekommen wir nach kurzer Wartezeit einen Platz. Sehr viele sitzen draußen unter den Heizstrahlern und bunten Lichterketten an diesem vergleichsweise milden Frühlingsabend. Drinnen ist es voll. Kaum haben wir unsere Pizzen und Carlsbergbiere bestellt, gehen zwei Musikanten von Tisch zu Tisch. Sie singen zu Akkordeon und Gitarre alte bekannte italienische Lieder- und manche/r stimmt mit ein. Doris ist ganz gerührt und textfest. Schöne Stimmung und nein, es wird kein Geld gesammelt.






Ich habe mich leicht überfressen an meiner riesigen Pizza, mein Frühstück (ein Rosinenbrötchen) lag schon 14 Stunden zurück. Ich war echt kaputt auf dem Rückweg nach dem anstrengenden Tag und hatte kaum einen Blick für die schöne Beleuchtung der Altstadt mit ganz vielen Feuern in Laternen neben den Tischen, die Leute in Wolldecken gehüllt, Gebäude angestrahlt. Und immer wieder faszinieren die fröhlichen Unterhaltungen in englisch. Kein Wunder bei 48.000 StudentInnen in der Stadt. Was für ein aufregender erster Tag!




draußen ....


Freitag:
Das Frühstück im Hotel lässt  keinen Wunsch offen. Dafür kostet es umgerechnet 20 Euro. Der Raum ist etwas zu klein für die vielen „LangschläferInnen“. An die Preise müssen wir uns gewöhnen. Kaffee unterwegs locker mal €5, ein Bier €10. Upps.

 

Wir starten zur Besichtiung der Ny Carlsberg Glyptotek. Der griechische Name heißt übersetzt so viel wie „Aufbewahrungsort“ Wir sind schon von außen von dem Gebäude beindruckt, aber nachdem wir Eintritt bezahlt und unsere Garderobe abgegeben haben, erwartet uns eine so nie gesehene Eingangshalle:



Tageslicht (Glasdach), riesige Palmen, Brunnen, Bänke, Beete, gepflasterte Wege, Skulpturen und ein Café mit Shop. Wir bleiben staunend stehen und lassen alles erst einmal auf uns wirken. Leute sitzen auf Bänken, Gruppen stehen beisammen, Kinder planschen mit den Händen im Brunnenwasser und freuen sich.



 

 

 

Wir gucken uns 6000 Jahre Geschichte an: antike Skulpturen des Mittelmeerraums aus Ägypten, Rom und Griechenland an, aber auch moderne Skulpturen von Auguste Rodin und Edgar Degas. Dänische und französische Gemälde aus dem 19. und 20. Jahrhundert befinden sich in verschiedenen Teilen des Gebäudes von 1882. Der Gründer war Carl Jacobsen. Der Brauereibesitzer vom Carlsberg-Bier. Gerd erzählt, dass der damals mehrere Fachleute mit ausreichend Geld ausgestattet, nach Griechenland, Ägypten und Italien geschickt hat mit dem Auftrag, Skulpturen einzukaufen. Freie Auswahl. So ist eine wirklich schöne Sammlung zusammengekommen. Selbst wer es sonst nicht so mit Gips- und Marmorfiguren hat, wird sicher beindruckt sein.

 

 



Tja, da unten rechts fehlt was - leider aus moralischen Bedenken der vergangenen Jahrhunderte bei allen Skulpturen.

Bisher dachte man, dass die ganzen alten Skulturen farblich naturbelassen waren. Stimmt nicht. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, dass sie sehr bunt waren wie der Löwe unten

Die Bürger von Calais. Eine beindruckende Plastik. Sechs ehrenwerte Bürger von Calais sollten sich nach langer Belagerung der Stadt freiwillig zur Hinrichtung melden. Im Gegenzug wollte der engliche König dafür das Volk verschonen. Sie durften nur ein altes Hemd tragen, eine Schlinge um den Hals und sollten so dem König den Stadtschlüssel als Kapitulation übergeben. Aber die englische Königin war voller Mitleid und sie wurden begnadigt.

wow ....



In der prunkvollen Marmorhalle finden auch Veanstaltungen statt



Bei der französischen Malerei hängen unbezahlbare Originale. Wir haben Glück, dass gerade eine interessante Sonderausstellung von Suzanne Valadon zu sehen ist.

 




Gerd will die dänischen MalerInnen zuerst weglassen, aber da gibt es Protest. Wenn wir schon mal hier sind ….mal eben ein Bier, einen Kaffee, fit für die dänische Malerei und dann mit dem Aufzug zur Dachterrasse .

 


Wir haben einen grandiosen Ausblick auf die Stadt. Gerd zeigt uns Besonderheiten der Kirchtürme und die Lage der Sehenswürdigkeiten von oben.

Von hier oben sieht man die Börse gut mit den drei Drachen, die ihre Schwänze den Turm hoch winden ...





 
Wir schlendern anschließend am NyHavn vorbei, viele bunte Schiffe, blaues Wasser, rappelvolle Gastronomie und viele Leute, die mit „Beine baumeln“ und im T-Shirt auf der Kaimauer sitzen …ach, es war einfach alles bunt und malerisch.

 




Der zweite Plan heute ist die Besichtiung der Frauenkirche. Die Kathedrale ist 60 m hoch und wurde 1829 gebaut. Bereits im Mittelalter war dieser Dom die Krönungskirche. Entsprechend edel aber nicht überladen wirkt alles.



Die Sitzbänke haben jeweils eine zweite Bank gegenüber, damit man sich zur hinteren Empore einfach umsetzen kann ..

In der dieser Stadtkirche wurden im 19. Jahrhundert die Begräbnisfeiern einiger berühmter Dänen begangen, darunter Bertel Thorvaldsen (von dem auch eine Bronze in der Kirche zu sehen ist), Hans Christian Andersen und Sören Kierkegaard.
Die Besonderheit ist die Jesusfigur, die den Altarraum beherrscht. Ganz aus Marmor und mit ausgestreckten Armen. In Gips geht sowas, aber Mamor?? Sie ist gerade von der Abendsonne in ein oranges Licht getaucht. Wow. Kaum vorstellbar, wie der Bertel das aus dem Block „geschnitzt“ hat. Eigentlich müsste es „aus dem Block gehauen“ heißen, aber dann hätte Jesus keine Arme. Wir sitzen schweigend in einer Bank und lassen die Eindrücke und die Stille auf uns wirken.



 

 
Ganz in der Nähe befindet sich ein Rundturm mit Kirche.

Der Runde Turm  (Rundetarn) befindet sich mitten im Stadtzentrum. Oben ist ein großes Teleskop installiert, das auch heute noch von HobbyastronomInnen genutzt werden kann. Das Besondere an dem Turm ist, dass er keine Treppe hat, sondern einen sich emporschlängelnden Gang mit einer konstanten Steigung. Da ist nämlich der König früher mit seiner Ponykutsche hochgefahren.


Außerdem war es viel leichter, die Gerätschaften für die „Astronomie“ hoch zu befördern. Der Gang ist insgesamt 209 Meter lang, am Ende befindet sich eine Aussichtsplattform in 35 Metern Höhe, von der man einen tollen Ausblick über die Häuser der Altstadt und die ganze Stadt hat. Ich laufe allerdings nicht mit hoch, zu anstrengend. Mit allem, was „aufwärts“ geht, habe ich es nicht so. Da haben meine beiden Lungenentzündungen der letzten Jahre deutliche Spuren hinterlassen.


Im daneben gelegenen Kaufhaus Illum möchte Gerd uns auf einen Kaffee auf die Dachterrasse bringen. Doris möchte Kuchen, ich hätte aber lieber ein Guinness, das es in einem Pub gegenüber gibt. So trennen sich unsere Wege kurz. Ich sitze mit meinem Bier mitten in der Fußgängerzone und gucke Leute. Mir fällt schnell auf, dass alle ziemlich individuell gekleidet sind, Zusammenstellungen, die wir hier nicht so kennen. Wegen des unebenen Pflasters tragen alle bequeme Schuhe, meistens Kurzstiefel zu Anzügen, Kleidern, langen Röcken, die mit bunten Überwürfen und langen Schals getragen werden, auch von „Omas“. Die Mode ist sichtlich eine andere und nicht wirklich definierbar. Ich denke so bei mir: Jede/r einzelne würde in Verden auffallen. Und wieder einmal: Was für ein buntes Straßenbild!
Als mein Bier aus ist, gehe ich auch ins Kaufhaus und finde die anderen auf der Terrasse, Doris ein großes Fischmenü vor sich. Oh je, wir wollen doch noch essen gehen.

Im Illum musst du das Bolighus unbedingt gesehen haben, dänisches Design von Kerze bis Sessel.

 HUX FLUX

Tja, so passiert es, dass sie kaum noch Hunger hat, als wir im Hux Flux einkehren. Geplant war das bekannte Steakhaus „Peder Oxe“. Aber die hatten keinen Platz für uns. Gegenüber ist das Hux Flux. Wir bekommen einen schönen Tisch am Fenster. Aber die Speisekarte ist abenteuerlich . Keine Menüs oder Einzelgerichte, sondern selbst zusammenstellen war angesagt. Das meiste auf spanisch. Ich bin etwas verzweifelt und bestelle Brot mit Spinatcreme und Bratkartoffeln. Lecker, aber mehr habe ich nicht verstanden von der Karte. Bei Doris gibt es ähnliches, Gerd und Mona nehmen für €60 das Überraschungsmenü in sieben Gängen – und sind begeistert.


Alles dabei, was deren Herz begehrt: Suppe, Muscheln in pikanter Tomatensoße, kleine Fische, Tintenfisch, kleiner Steaktopf, div. Beilagen. Erst beim Dessert zwei Stunden später geben sie auf. Der Kuchen mit Creme passte irgendwie nicht dazu – und nicht mehr rein. Da wäre etwas leichteres angebracht gewesen. Eis oder so…
Durch die hübsch beleuchtete, nun leerere Altstadt laufen wir wieder nach Hause, also zum Hotel.

Der Schrittzähler meldet 13:000 und Mona muss ins Bett. Gerd, Doris und ich sitzen noch auf ein Bier im gemütlichen Foyer des Hotels zusammen.


Sonnabend:Ich ziehe mich heute passend für Christiania an.



 

Wir laufen wieder auf der Hafenpromenade lang, um zum Stadtzentrum zurückzukehren. Gestern waren wir schon kurz im eleganten Kaufhaus „Magazine du Nord“, wo es sooo lecker aussehende Smørrebrødsorten gibt. Danach gelüstet es Gerd, Mona und Doris jetzt.

 

Da ich sonst nie frühstücke, aber heute richtig viel im Hotel (immerhin €20), setzte ich mich wieder einmal ab - auf den Rathausplatz davor.

 

Um ein bepflanztes Rondell steht ein großer Kreis Bänke und irgendwo wird auch für mich ein Plätzchen frei. Ich genieße die Sonne, höre dem Akkordeonspieler zu und lausche den fremden Geräuschen der Stadt . Bhagwan-Jünger in wehenden gelben Gewändern ziehen mit Kind und Kegel, Musik und Gesang mehrfach an mir vorbei. Die Sonne scheint warm. Als die anderen der Gruppe wiederkommen, gehen wir zur U-Bahn. Nicht, weil wir den Weg nach Christiania sonst nicht geschafft hätten, sondern weil wir alle mal die modernste U-Bahn Europas sehen wollen. Die Bahn fährt vollautomatisch, du kannst dich ganz vorne hinsetzen und wie ein Lokführer fühlen. Die Bahnsteige sind alle durch Oberlicht beleuchtet und ich habe nicht das Gefühl, in einem Tunnel zu sein. Die Gleise sind durch Glasfronten gesichert, die erst aufgehen, wenn der Zug steht. Genial.


Wir müssen einmal kurz umsteigen, noch 15 Minuten zu Fuß gehen und dann endlich: Christiana.


Was war das damals vor mehr als 50 Jahren für eine Aufregung und Spannung, als eine Kommune die alten, ungenutzten Kasernen besetzte und auf der Insel einen Freistaat gründete. Eigene Gesetze, eigene Wirtschaft, Selbstversorgung, komplette Selbstverwaltung, keine Einflussnahme von Seiten Dänemarks. Ich fand das so spannend, dass ich mir in den 70ern das Buch aus der Gründerzeit gekauft habe, einen dicken Bildband in schwarz-weiß. Aber nun in bunt mit den vielen Touristen ist der Eindruck ein anderer. „Sie verlassen jetzt die EU“ verkündet ein Warnschild am Eingang. Fotografieren verboten. Gleich im ersten kleinen Kunsthandwerksladen kauft Mona eine blaue Mütze. Ich suche mir etwas Osterschmuck aus, komme aber nicht mehr dazu, da wir einen anderen Ausgang zurück zur Stadt nehmen

 

Ich trage meinen bunten Hoody ohne Jacke und fühle mich gleich wohl. Bunte Häuschen und Buden, abenteuerliche Gestalten, einige wohl wirklich noch von früher, also etwa so alt wie ich. Alkohol ist absolut verboten, aber ich bekomme schon nach wenigen Metern an einem Handwagen aufgezählt, welche Drogen ich kaufen könnte. Zentral in der Pusherstreet ein großes Café oder Kneipe oder Versammlungsraum, also von allem etwas. Davor ein Platz mit „Biertischen“ Bänken und Bäumen.  Die Kasernen sind bewohnt, die Wege begehbar, der Spielplatz für Erwachsene verboten. Man kann höchstens von weiter oben draufschauen, was die Kleinen so machen. Einige Grundstücke sind verwildert und vollgemüllt, andere haben einen gepflegten Wildgarten und gestrichene Häuschen. Es gibt eine Kirche, einen Touristenmarkt, wo ich mir eine Flatterhose kaufe. Das musste jetzt mal sein. In einem Postershop wird Gerd fündig, mir reichen Postkarten


Lustig ist, als eine Frau eine Katze unter einem Bauwagen auf Stelzen streichelte und plötzlich ein wütendes Gebell losgeht. Wir sind alle zusammengezuckt, aber es ist nur ein alter, zahnloser, langhaariger Mann von oben, der sich einen Scherz macht. Er freut sich diebisch und grinst breit, als er unsere verblüfften Gesichter sieht. Ich frage, ob ich ein Foto von der Wandmalerei an seinem Wagen machen darf: Ja! Übrigens haben die anderen mir nicht geglaubt, dass ich die neue Hose tatsächlich im Hotel zum Frühstück anziehen würde. Habe ich aber ?

 

Diesmal ist es kein kurzer Weg zum Hotel zurück. Er führt über eine neue Fahrrad -und Fußgängerbrücke. Dort ist sooo viel schneller Fahrradverkehr, vor allem mit den großen Lastenrädern von Christiania. Unverletzt über diese Fahrradstraße zu kommen, ist eine Herausforderung!

Rechts ein Blick von der Brücke auf die neue Oper ...

Beim Schloss werfen wir einen Blick auf die Pferde der Königin


und den Reitstall. Gerd geht einfach rein. Tja, hier gehört alles dem Volk

 

Im Hotel machen wir uns in einer Pause zurecht für die Oper. Ich habe mich etwas blamiert mit meinem viel zu großen Koffer wg des „kleinen schwarzen“, Aber nur deswegen musste auch der passende Mantel mit, Schuhe, Handtasche – und somit war mein Koffer der schwerste. Den anderen hatte Gerd gesagt: Schwarze Hose reicht, wir sitzen ganz oben auf der Galerie. Mir nicht, ich dachte, ich muss mich fein machen .

Alte Oper/Theater


Gleich geht es los ...


Es ist eine wunderschöne Ballett-Aufführung. Voll besetztes Haus und ein beeindruckender Saal mit Königsloge. Unser Platz ist zwar etwas ungünstig, aber das waren Restplätze durch die späte Buchung. Für den Preis völlig okay.

 

Getanzt werden „Juwelen“. Die Tänzerinnen und Tänzer in verschiedenen Grüntönen und glitzernd formieren sich zu Saphiren, tanzen deren Facetten, stellen Lichtreflexe tänzerisch dar. Im zweiten Akt kommen die Rubine, sattrote Garderobe mit viel Silber. Zum Schluss wird es luftiger mit Diamanten, weißen Kostümen, Tüll mit Glasperlen, angestrahlt mit viel Lichttechnik und diesmal Musik von Tschaikowsky. Der hat ja öfter Ballettmusik geschrieben, wenn man an Schwanensee und Nussknacker denkt. Stravinsky beim „Rubin“ ist wohl etwas schwieriger zu tanzen, aber lustig umgesetzt. Dem Orchester hören wir sehr gerne zu, nicht zuletzt wegen der sehr guten Akustik. Ein eindrucksvolles Erlebnis!

Wir lassen den schönen Tag in der Hotelbar ausklingen

Sonntag: Heute gibt es bis 11:00 Uhr Frühstück im Hotel – und das nutzen wir aus. Ausgeschlafen und satt treffen wir uns erst mittags. Heute ist nicht soviel auf dem Zettel, alles etwas entspannter. Zwar haben viele Geschäfte geschlossen, aber es macht trotzdem Spaß, auf der Stroeget alles in Ruhe anzuschauen.


Unser Ziel ist heute die Mamorkirche.


Mit ihrer gewaltigen Kuppel thront Marmorkirche über dem Prachtviertel Frederikstaden. Da merkt man deutlich die Nähe des Schlosses. Gehobene Wohngegend. Die Kirche erinnert an den Petersdom in Rom.  Hofbaumeister Nicolai Eigtved entwarf das Gotteshaus so, dass es dem von ihm geplanten Stadtviertel mit seiner Kuppel quasi die Krone aufsetzt.

Während der Errichtung des Fundaments kamen Frederik V. Zweifel. Er befürchtete, dass die Kirche, die einmal seinen Namen tragen würde, nicht imposant genug werden würde. Deshalb verfügte er, dass sie aus Marmor statt aus Sandstein gebaut werden sollte.

Geldnot führte dazu, dass der Bau immer mehr ins Stocken geriet. So war das Bauwerk fast 100 Jahre eine Bauruine, bis es der Gründer der Tuborg-Brauerei kaufte. Die Kirche wurde zu Ende gebaut, allerdings aus Sandstein statt Marmor. Trotzdem schön.



Gleich nebenan das Schloss Amalienborg. Gerade als wir auf dem Schlosshof stehen, geht ein Tor auf, der Wachsoldat mit Pelzmütze tritt zur Seite und ein schwarzer Bentley kommt herausgefahren. Leider können wir wenig im Auto sehen, nur dass es nicht die Königin Margarete ist



Die Markthallen Torvehalleren in Kopenhagen- Nørreport haben auch sonntags geöffnet. Wir bestaunen die vielen toten Fische in den Kühltheken und Gerd ist etwas traurig, dass er nichts mitnehmen kann. Blumen, Tee, edle Öle aus Fässern, lange Käsetheken, Obst, Gemüse, Pralinen, alles bunt und frisch.



Beim Schloss Rosenborg bin ich schon fast überfordert bei den vielen Eindrücken: dem Königsthron, dem Saal,  von riesigen gewebten Wandteppichen, die Geschichte erzählen, Spiegelsaal, Schatzkammer, Kronjuwelen …alles glitzert und glänzt. Dort lagert das gesamte dänische Staatsvermögen und entsprechend überwacht ist alles.







Wir gehen später durch das „Arbeiterviertel“ und schauen uns das Haus an, in dem Tove Ditlevsen gewohnt hat, von deren Leben wir drei Bücherbände gelesen haben, die „Kopenhagen-Trilogie“. Spannend, die beschriebene Gegend und die Straßennamen wiederzuerkennen, auch wenn es das Rotlichtviertel nicht mehr gibt.


Im Nyhaven lassen wir uns Zeit, schauen dem Treiben und den Ausflugsschiffen zu. Einen freien Tisch finden wir nicht, aber das macht nichts, wir haben für abends wieder einen Platz beim „Italiener“ reserviert. Wir ziehen uns nur kurz um im Hotel. Der Weg ist nicht weit und langsam kennen wir uns aus. Gerd muss nicht mehr vorne weg laufen. Bei einem ungewöhlichen blauen Mantel im beleuchteten Fenster müssen wir abbiegen , bleiben aber immer wieder kurz zum Gucken stehen.
Jede/r weiß schon, was bestellt werden soll. Wir nehmen die mit Spinat und Käse gefüllten Cannelloni, Gerd wieder die Pizza Mare mit viel Knobi. Dazu Tuborg-Klassik aus Holzfässern. Das hat deutlich eine andere Farbe.



Wieder kommen die Musiker. Neben uns am Tisch lacht eine Frau Tränen. Die Musiker sind irritiert, bis sie erzählt, dass sie Italienerin ist und sich über die Texte amüsiert, die wohl eine andere Bedeutung hatten, als die Musiker bisher dachten (waren jedenfalls keine Italiener). Das finden alle lustig. Wir werden gefragt, woher wir kommen: Germany. Oh wie peinlich, schon gibt es voll ein Bayernzelt-Potbourri – und wir sollen mitsingen: “Schenk mich noch ein Dröpfchen…“  Die anderen gucken etwas pikiert, es nimmt kein Ende. Hätten wir bloß gesagt, wir kommen aus Hamburg, dann wäre es besser für uns gelaufen. Apropos gelaufen, immerhin 12:000 Schritte heute.

Wir sitzen noch lange im Hotel beim Bier zusammen und lassen die Eindrücke Revue passieren, lernen uns besser kennen. Wir wären gerne noch länger geblieben und sind etwas wehmütig, dass die Reise morgen schon zu Ende geht.

Montag: Frühstück bis zum Abräumen. Wir müssen die Zimmer erst um 12 Uhr verlassen, also Zeit genug zum Packen. Die Koffer können wir nach dem Auschecken im Gepäckraum des Hotels abstellen. Toller Service, dass wir nicht erst zu den Bahnhofsschließfächern müssen.


Erlöserkirche. Da kann man außen den Turm hochlaufen

Das wäre die Aussicht gewesen


Unser Zug fährt erst am frühen Nachmittag. Gerd führt uns noch ein letztes Mal durch die Stadt, zeigt Kirchtürme mit gedrehten Drachenschwänzen und Spirale am Kirchturm, wo man draußen hochlaufen könnte, den Sitz der Loge und dann geht es zum „Schwarzen Diamanten“ der königlichen Bibliothek mit Blick auf den alten Hafen. Wie schön und lichtdurchflutet das Gebäude ist!






Wir gehen durch die Räume, in denen die Studentinnen und Studenten an kleinen verstreuten Tischen und in Nischen vor sich hinarbeiten. Nur im großen alten Lesesaal herrscht absolute Ruhe, da dürfen wir nicht rein, aber durchs Fenster gucken. Irgendwie hat das fast etwas sakrales mit den vielen dicken alten Büchern an den Wänden, dem historischen Treppenhaus, den hölzernen, messingbeschlagenen Karteikästen, die eine ganze Wand einnehmen. Das Licht fällt durch zum Teil bunte Fenster. Was für ein krasser Gegensatz von Neubau und Altbau. Der Namen schwarzer Diamant kommt von der äußeren Form des neuen Gebäudes.



Mit einem Kaffee setzen wir uns ans Wasser des Hafenbeckens, genießen mit vielen anderen (überwiegend StundentInnen) Sonne, Wind und Ausblick auf den alten Hafen, bevor wir noch einmal durch die Altstadt schlendern. Zeit zum Shoppen. Jede hat irgendwie etwas gesehen, was noch schnell besorgt werden soll. Bei Mona und Doris Mitbringsel und Osterdeko, bei mir Lakritze und ein kleines klappriges Christiania-Rad aus einem Eine-Welt-Laden. Na ja, das verbogene Hinterrad kam, weil ich das filigrane Teil in meine Kapuze gesteckt habe – und beim Anlehnen vergessen. Knirsch. Aber für meinen kleinen Teddy reicht es, der legt keine großen Strecken zurück.

Auf dem Rückweg zum Hotel macht uns Gerd auf das SAS-Hotel aufmerksam. 1960 vollendete Arne Jacobsen die elegante Hochhausscheibe neben Kopenhagens Bahnhof. Leider wurde die Ausstattung dem Hotelstandardprogramm geopfert – bis auf wenige Ausnahmen. Wir schauen kurz rein und ich bin schwer verliebt in die Egg-Chairs von Arne Jacobsen, habe schon im Motel one bei jeder Gelegenheit drin gesessen. Könnte ich mir in meinem Wohnzimmer auch vorstellen ...also andere Farbe natürlich.


Am Bahnhof eine Stunde später klappt alles prima, Bahnsteig gleich gefunden, Zug kommt pünktlich, die reservierten Plätze sind frei. Etwas merkwürdig nur der große verkeilte Fahrradhaufen vor dem Rad-Parkplatz in zwei Etagen …



Ich schlafe zwischendurch mal ein, bis die Masken wieder aufgezogen werden müssen. Diesmal von deutscher Seite keine Ausweiskontrolle.  Wir lesen im Zug alle drei das Buch „Ein dänischer Winter“, das wir nächsten Sonntag besprechen wollen im Literaturkreis.


 


Am Bahnhof trennen sich unsere Wege, alle noch einmal in den Arm nehmen und uns versichern, wie schön die Zeit miteinander war. Doris nimmt eine Taxe, wir anderen gehen zum Bus – allerdings verschiedene Richtungen. Ich freue mich auf einen Kartoffelsalat und Kaffee von Kiefert . Aber fleutschepiepen, schon geschlossen. Auch drinnen im Bahnhof nix mehr zu machen, kein schlappes Brötchen oder so.

Spät abends gehen Gerd und ich noch einmal virtuell durch Kopenhagen in 3D Google Earth. Kaum zu glauben, wie viel wir gesehen haben in nur 4 Tagen und über 60.000 Schritten (sagt der Schrittzähler im Handy ?) Nun bin ich leicht erholungsbedürftig.



Danke Gerd für die sorgfältige Ausarbeitung des Programms, die professionellen Erklärungen der Sehenswürdigkeiten, die eindrucksvollen Aussichten, die kompetente Stadtführung, Vorausbuchung der Oper, deine Ortskenntnis, deine Geduld und das wir uns nie verlaufen haben.


  farvel,  ha' det godt,  vi ses.

 
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